Klopoter

Antonienstraße 19

Windorferstraße 20

Postkarte um 1914 von Max Petermann mit dem Kaufhaus Klopoter, rechte Seite. Quelle: Stadtgeschichtliches Museum Leipzig, Inventar-Nr. PK 3712/1
Die Postkarte von Max Petermann von 1914 zeigt auf der rechten Seite das Kaufhaus Klopoter.1

Das Kaufhaus am Adler

Kaufhaus S. Heinau

Kaufhaus Klopoter

Private Aufnahmen des Kaufhaus Klopoter9

Die Familie Klopoter

Aron Usher Klopoter

Aron Usher Klopoter wurde 1882 in Warschau geboren. Später wohnte er in Berlin und zog 1909 nach Leipzig. Wo er zunächst eine Wollwaren und Strumpffabrik in der Berliner Straße eröffnete. Bereits 1908 hatte er Perla Pomper geheiratet. Sie wurde 1882 in Warschau geboren und lebte wahrscheinlich schon länger in Leipzig. Zusammen mit ihren Geschwistern betrieb sie in der Leipziger Innenstadt eine Partiewarenhandlung, das Gegenstück zum heutigen Second-Hand Laden. Die beiden hatten vier Kinder: Fanny, Oskar Horst, Ruth-Marie und Edith. Drei Jahre nach der Eröffnung seines Kaufhauses diente Aron Klopoter im Ersten Welt- krieg als Offizier und wird für seinen Einsatz mit dem Eisernen Kreuz aus-gezeichnet. Kurz vor Ende des Krieges kaufte er ein kleines Haus in der Windorfer Straße 20, in das seine Frau und die Kinder ziehen. 1925 stirbt seine Frau Perla und wird auf dem Alten Jüdischen Friedhof in Leipzig beigesetzt. Bald darauf heiratet er Therese Segall, mit der er um 1932 nach Falkenberg zieht. Das Kaufhaus in Kleinzschocher ist aufgrund der schwierigen wirtschaftlichen Lage in Deutschland in Konkurs gegangen. Vielleicht rechnet Aron Klopoter damit in der weitaus kleineren Stadt Falkenberg auf weniger Konkurrenz zu treffen. Er eröffnet dort das Kaufhaus AKO und handelt wieder mit Textilwaren.

Das Bild zeigt vermutlich die Innenansicht des Kaufhaus AKO in Falkenberg an der Elster, Datierung unbekannt.10

Allerdings sollten die Sorgen der Familie Klopoter bald weit über die Geschäftsbilanzen hinaus anwachsen. Ein Jahr nach ihrem Umzug wurde die NSDAP in Regierungsverantwortung gebracht. Die Partei Adolf Hitlers errichtete innerhalb kürzester Zeit eine Diktatur die auf Gewalt, Ausgrenzung und Terror basiert. Aron Klopoter liess sich zunächst nicht einschüchtern. Als ehemaliger Offizier und Träger des Eisernen Kreuzes hattte er ein gewisses Selbstbewusstsein, aus dem er auch gegenüber der nationalsozialistischen Prügeltruppe, der SA keinen Hehl machte. Als die Nationalsozialisten 1935 die Wehpflicht wieder einführten, meldet sich ein Angestellter Klopoters, der Mitglied der SA war, sofort zur Musterung. Aron Klopoter verweigerte ihm allerdings den dazu benötigten Urlaub. Daraufhin wurde er von der GeStaPo in Schutzhaft genommen. Das Liebenwerdaer Kreisblatt schrieb in einem kurzen aber deutlich von antisemitischer Hetzte geprägtem Artikel:

„Klopoter hatte dem Angestellten, der sich freiwillig zum Wehrdienst gemeldet hatte, den Urlaub zur SA-ärztlichen Untersuchung verweigert und die gleiche Haltung auch eingenommen, als der Angestellte, der SA-Mann Munkwitz, ihm einen erneuten Befehl, zur Untersuchung zu kommen, vorlegte. Klopoter hatte zur Begründung seiner Ablehnung gesagt, daß ein Truppenführer der SA nicht berechtigt sei, einen solchen Befehl zu erteilen, sondern nur der Reichskriegsminister. Weiter hatte dieser edle Geschäftsmann sich dahin geäußert, er werde die Stellung, die der SA-Mann in seinem Geschäft bekleidete, nach dessen Fortgang zur Wehrmacht mit einer jüngeren Kraft besetzten, die natürlich auch bleiben werde, wenn der bisherige Angestellte vom Wehrdienst zurückkehre. […] Die Schutzhaft wurde über Klopoter verhängt weil die gerechte Empörung der Falkenberger Einwohnerschaft die erforderte. […] Die Untersuchung wird ergeben, ob Kl. bei seiner frechen Herausforderung aus eigenem Antrieb gehandelt hat, oder ob nicht noch andere „Ratgeber“ hinter ihm standen.“

Liebenwerdaer Kreisblatt, 1935, Privatarchiv Dr. Pohl (Rechtschreibung im Original)

Wie lange Aron Klopoter in den Fängen der GeStaPo bleiben musste ist unklar, auch wo er seine Haftzeit verbrachte ist momentan noch nicht bekannt. Es ist davon auszugehen, das Aron Klopoter während seiner Haftzeit körperlich misshandelt wurde, ein Gerichtsurteil zu dem Fall ist nicht bekannt. Klopoter ließ sich jedoch nicht einschüchtern und betrieb sein Kaufhaus in Falkenberg weiter. Im Herbst 1938 verlagert die Familie ihren Lebensmittelpunkt jedoch wieder nach Leipzig.11 Als am 09. November 1938 ein von den Nazis gesteuertes Pogrom gegen jüdische Mitbürger:innen stattfindet, wird auch das Kaufhaus AKO und die darüberliegende Wohnung der Klopoters in Falkenberg/Elsternangegriffen und dem Gebäude schwere Schäden zugefügt. Aron Klopoter wird verhaftet und in das Konzentrationslager Buchenwald gebracht.12

Inhaftierungsdokumente aus dem Konzentrationslager Buchenwald13

Therese Klopoter, geb. Segall

Therese Segall wurde am 21.10.1892 in Braunschweig geboren. Später zog sie nach Dessau und von dort nach Leipzig. Im Mai 1926 heiratete sie Aron Klopoter in Eger in der damaligen Tschechoslowakei. Über ihre Ausbildung und ihre berufliche Tätigkeit ist nicht viel bekannt. Es ist davon auszugehen, dass sie sich um ihre 4 Stiefkinder, die aus der ersten Ehe von Aron stammten kümmerte und ihm Geschäftsbetrieb tätig war.

Im Vordergrund rechts, das Wohnhaus der Familie Klopoter in der Windorfer Straße 17

Auch über ihren Verbleib nach dem Tod ihres Mannes in Ungarn gibt es keine gesicherten Erkenntnisse. Nach Angaben von Angehörigen sei sie im Dezember 1940 im Konzentrationslager Bergen-Belsen ermordet worden. Allerdings wurde das Lager erst ab 1943 von der SS genutzt um als jüdisch markierte Menschen zu inhaftieren. Für ihren Tod im diesem Lager gibt es auch keine weiteren Hinweise. Auf ihrem Meldeblatt ist zudem vermerkt, dass sie bereits im Dezember 1938 über die China versucht haben soll nach Palästina auszuwandern. Wahrscheinlich war dieser Auswanderungsversuch nicht erfolgreich oder wurde nur vorgeschützt um Repressionen zu umgehen. Auch in den gängigen Archiven und Datenbanken konnten bis jetzt keine weiteren Spuren von ihr gefunden werden. Sie gilt als verschollen. Im Jahr 2013 wurde durch die Initiative von Dr. Pohl und Angehörigen der Familie Klopoter eine Gedenktafel am ehemalige Wohn- und Geschäftshaus in der Heinrich-Zille-Straße 7 in Falkeberg/Elster angebracht, die an das Ehepaar erinnert. Dort wird angegeben, dass sie „an den Auswirkungen der ungerechten Verfolgung“ starb.

Die 2013 angebrachte Gedenktafel in der Heinrich-Zille-Straße 7 in Falkenberg an der Elster18

Fanny Klopoter

Über die älteste Tochter von Aron und Perla Klopoter, die am 04.04.1909 geboren wurde ist nichts weiter bekannt. Ihr Name wird später mit Fanny Pick angegeben, daher ist davon auszugehen, dass sie verheiratet war.

Oskar Horst Klopoter

Oskar Horst Klopoter, der am 28.03.1910 geboren wurde, war von Beruf ebenfalls Kaufmann. Im Jahr 1934 oder 1935 wanderte er nach Palästina aus. In der Stadt Rosch LeZion nahe Tel Aviv fand er eine neue Heimat. Die Siedlung wurde im ausgehenden 19. Jahrhundert von russischen Juden gegründet um die Auswanderung ihrer Familien zu ermöglichen. Seit Anfang der 30er Jahre emigrierten auch gezielt Gruppen aus Deutschland dorthin. Die frühe Auswanderung von Oskar, der seinen Vornamen später in Zvi änderte, lässt die Vermutung aufkommen, dass er schon in Leipzig eng mit zionistischem Gedankengut in Kontakt war. Die Leipziger Israelitische Gemeinde, in der er Mitglied war, hatte eine starke zionistische Strömung. Zvi heiratet und bekam zwei Kinder. Er starb 1984. Weiteres ist über seinen Lebensweg nicht bekannt.

Oskar Klopoter auf einem Motorrad, Datierung und Ort unbekannt.19

Ruth-Marie und Edith Klopoter

Über die beiden Töchter ist ebenfalls wenig bekannt. Ruth-Marie wurde am 19.08.1912 in Kleinzschocher geboren. Sie zog später mit ihren Eltern nach Falkenberg/Elster und emigrierte am 23.06.1939 nach Ricksmansworth in England. Dort heiratete sie und zog später in die USA wo sie 1989 verstarb. Ihr Schwester Edith wurde am 18.09.1913 geboren. Sie soll bis 1937 das Geschäft ihres Vaters weitergeführt haben. Der Israelitischen Religionsgemeinde Leipzig liegt ein Schreiben vor in dem sie dies angibt. Bis auf einen Eintrag für die Windorfer Straße 20 im Leipziger Adressbuch von 1934, in dem unter dem Namen Aron Klopoter eine Textilwarenhandlung angegeben ist, gibt es darauf momentan jedoch keine weiteren Hinweise. Sie soll nach 1937 eine Ausbildung zur Krankenschwester im Israelitische Krankenhaus-Eitingon-Stiftung begonnen haben. Am 14.08.1939 emigrierte sie nach England.

Auszug aus dem Leipziger Adressbuch von 1934 für die Windorfer Straße 20



  1. Quelle: Stadtgeschichtliches Museum Leipzig, Inventar-Nr. PK 3712/1 ↩︎
  2. Siehe Leipziger Adressbuch von 1911 -1932 Antonienstr. 17 online abrufbar unter: https://adressbuecher.sachsendigital.de/ (Stand 2023) ↩︎
  3. Dr. Pohl, Rainer, 2013: „Die Familie Aron Uscher Klopoter in Leipzig und Falkenberg/Elster“, Unveröffentlichtes Manuskript ↩︎
  4. https://www.mappingthelives.org/bio/06c0bb0c-465e-4192-8635-664cdddcbefb / Dr. Pohl, Rainer, 2013: „Die Familie Aron Uscher Klopoter in Leipzig und Falkenberg/Elster“, Unveröffentlichtes Manuskript  ↩︎
  5. Families Album Museum RishonLetzyon ↩︎
  6. Leipziger Adressbuch 1909 online abrufbar unter https://adressbuecher.sachsendigital.de/ ↩︎
  7. Brasilien, Rio de Janeiro, Einwanderungskarten, 1900-1965
    MyHeritage.com, MyHeritage Ltd. ↩︎
  8. Amtsgericht Leipzig, HRA 2531, Aron Klopoter ↩︎
  9. Privatarchiv Pnina Klopoter-Bar Noy , Israel ↩︎
  10. Privatarchiv Pnina Klopoter-Bar Noy , Israel ↩︎
  11. Meldeblatt Therese Klopoter, Sächsisches Staatarchiv Sta-L, 20031 Polizeipräsidium Leipzig, PP-M3298 ↩︎
  12. Dr. Pohl, Rainer, 2013: „Die Familie Aron Uscher Klopoter in Leipzig und Falkenberg/Elster“, Unveröffentlichtes Manuskript ↩︎
  13. Quelle: Aroslsen Archives / DocID: 6292198 (ARON KLOPOTER) ↩︎
  14. Meldeblatt Therese Klopoter, StaL, 20031 Polizeipräsidium Leipzig, PP-M3298, Meldeblätter Ruth-Marie und Edith Klopoter, StaL, 20031 Polizeipräsidium Leipzig, PP-M 3298 ↩︎
  15. Schreiben Ausländerrat Leipzig 1939, Privatarchiv Pnina Klopoter-Bar Noy, Israel ↩︎
  16. Dr. Pohl, Rainer, 2013: „Die Familie Aron Uscher Klopoter in Leipzig und Falkenberg/Elster“, Unveröffentlichtes Manuskript ↩︎
  17. Arendt, Christine, Nabert, Thomas, Verlag Pro Leipzig, „Kleinzschocher – Ein Leipziger Ortsteil auf Alten Ansichtskarten“ S.62 ↩︎
  18. Foto Dr. Pohl ↩︎
  19. Privatarchiv Pnina Klopoter-Bar Noy , Israel ↩︎