Die jüdische Gemeinde in Leipzig war die sechstgrößte in Deutschland. Ihr Zentrum war im der Innenstadt angesiedelt. Der Brühl als Zentrum des Pelzhandels, das angrenzende Waldstraßen und rund um den Zoo herum, lebten viele der jüdischen Leipziger:innen. Auch wenn immer wieder kolportiert wird, das zu den Hochzeiten der Gemeinde die Gegend als „Klein-Jerusalem“ bezeichnet wurde, war die Gegend kein rein jüdisches Viertel. Noch weniger ein Ghetto.
Um 1900 kam vor allem aus dem Osten von Europa zahlreiche Jüdinnen und Juden nach Leipzig. Teils blieben sie auf der Durchreise „hängen“, teils kamen sie gezielt nach Leipzig, da sie über den Pelzhandel und die Leipziger Messe schon lange Verbindungen nach „Klein-Paris“ hatten. So wuchs die Leipziger jüdische Gemeinde bis in die 1930er Jahre rasant an. Die jüdische Gemeinde war jedoch kein monolithischer Block, sie war mit der Stadt verwachsen und ein wichtiger Teil Leipzigs. Obwohl es gelang gemeinsam zahlreiche Institutionen zu schaffen, wie das Eitington Krankenhaus, die Israelitische Schule und zahlreiche prunkvolle Synagogen, war die Gemeinde in sich sowohl in religiöser als auch in politischer und sozialer Hinsicht vielfältig und teils sehr unterschiedlich.
Auch in Zschocher bildete sich diese Sozialstruktur ab. Obwohl es in Zschocher keine jüdische Infrastruktur in Form von Betstuben oder anderen Vereinen gab, lebte im Arbeiter:innenviertel Jüdinnen und Juden. Sie betrieben kleine oder größere Geschäfte, waren Angestellte, Ärzte, Künstler oder arbeiteten in einer der unzähligen Fabriken im Leipziger Südwesten. Manche von ihnen waren politisch engagiert andere aktiv in der jüdischen Gemeinde. Nur wenige überlebten den industriellen Massenmord der Nazis. Heute Erinnert nur wenig an die Menschen die aus Zschocher vertrieben wurden und zum Teil grausam ermordet. Am Anfang der Dieskaustrasse liegen Stolpersteine für den Arzt Dr. Berthold Seckelsohn und die Familie Silberstein. In Großzschocher erinnern Stolpersteine an die Familie Blonski und an Albin Jacobowitz.